Janitza zieht Zwischenbilanz auf dem Weg zur Klimaneutralität

Im Jahr 2021 hat Janitza begonnen, sich intensiv mit seinem Corporate-Carbon-Footprint auseinander zu setzen. Das Unternehmen verfolgt das Ziel, bis 2030 klimaneutral zu werden.

28.05.2024

Janitza zieht Zwischenbilanz auf dem Weg zur Klimaneutralität

Dafür wurden Anfang 2023 gemeinsam mit dem Dienstleister Climate Partner alle Prozesse im Unternehmen unter die Lupe genommen. Die komplette Bilanzierung erfolgte nach dem Greenhouse-Gas-Protokoll, dem weltweit anerkanntesten Standard zur CO2 Bilanzierung. Hier wurde darauf geachtet, alle drei Scopes zu bilanzieren. Das bedeutet, das neben den direkten Emissionen aus der Nutzung der Energieträger auch alle vor- und nachgelagerten Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette bilanziert wurden. Bereits Ende 2023 hat Janitza, selbst Hersteller von Energiemanagement-Systemen, eine vollständige CO2-Bilanzierung für das Jahr 2022 absolviert.

Welche besondere Rolle Daten dabei spielen, weiß Patrick Steiß, der als Energiemanager bei Janitza das Projekt verantwortet. „Um den Fußabdruck unseres Unternehmens am Hauptsitz in Lahnau zu ermitteln, mussten alle Abteilungen und Bereiche durchleuchtet werden. Gemeinsam mit unserem Dienstleister haben wir die gesamte Lieferkette vom Wareneinkauf über den Transport, die Verarbeitung in Lahnau und den Transport zum Kunden bis hin zur Produktentsorgung beleuchtet. Mit unserem Energiemanagementsystem wurden im Rahmen der ISO 50001 Daten zum Energie- und Ressourcenverbrauch erhoben und in ein Online-Tool übertragen. Es gab eine Plausibilitätsprüfung durch Climate Partner und schließlich einen ausführlichen Abschlussbericht als Übersicht über alle Emissionsverursacher. Das war in der kurzen Zeit eine beachtliche Leistung in Zusammenarbeit mit allen Abteilungen“.

Datenanalyse bringt Transparenz über Emittenten

Um einen genauen Kenntnisstand über die Verursacher von Treibhausgasemissionen zu erhalten, wurden 29 Kriterien in den so genannten „Scopes 1, 2 und 3“ abgefragt. Die Daten von 120 Messgeräten flossen ein, über 1.500 Dienstreisen und Hotelübernachtungen wurden ausgewertet. Hinzu kamen über 2.600 eingekaufte und 24.000 verkaufte Artikel. Sogar die Kantine wurde in die Analyse einbezogen. Außerdem wurden 21 Abfallarten bewertet. Mit der Datenerhebung 2022 hat Janitza eine grundlegende Datenbasis sowie Reportingprozesse geschaffen. Darauf aufbauend sollen in den kommenden Jahren diese Daten weiterhin erhoben und verglichen werden. Die relevanteste Zahl ist die gesamte Emissionsmenge über alle Scopes für das Jahr 2022. Sie entspricht in etwa den Emissionen von 4.100 Bundesbürgern oder einer Fahrleistung eines durchschnittlichen Verbrenners von 147 Millionen Kilometern. Setzt man dieser Emissionsmenge Bäume entgegen, müssten beispielsweise rund 3,8 Millionen Buchen gepflanzt werden, um dieses CO2 wieder aufzunehmen. Das klingt erst einmal viel. Patrick Steiß bewertet das Ergebnis so: „Im Vergleich zwischen 4.100 Menschen in ihrem Alltag und einem mittelständischen, produzierenden und international agierenden Unternehmen relativiert sich die Menge. Denn in die Berechnung sind nicht nur der Energieverbrauch und der Wareneinsatz der Produktion eingeflossen, sondern auch der gesamte Wareneinkauf von anderen Unternehmen, die Dienstreisen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, einfach alle Geschäftsprozesse. Natürlich ist unsere Emissionsmenge nicht winzig. Aber wenn man bedenkt, dass wir in der Elektronikindustrie produzieren, ist das ein sehr guter Wert. Und das hat uns sehr gefreut.“

Lieferkette: Zukaufteile für 99,5 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich

Eine wichtige Erkenntnis: Ein Großteil der Emissionen entsteht im „Scope 3“ der vorgelagerten Aktivitäten durch zugekaufte Produkte wie Displays oder Komponenten. Zusammen mit den nachgelagerten Aktivitäten machen die „Scope 3“-Emissionen 99,5 Prozent aus. Die direkten „Scope 1“-Emissionen aus dem eigenen Fuhrpark und der eigenen Wärmeerzeugung betragen lediglich 0,3 Prozent. Die „Scope 2“-Emissionen aus zugekaufter Energie liegen bei 0,2 Prozent. Patrick Steiß erklärt die sehr niedrigen Werte am Standort: „In ,Scope 1 und 2' spiegelt sich unsere sehr gute Energieeffizienz durch die neuen Gebäude und deren regenerative Versorgung wider: LED-Beleuchtung, eine komplette Sanierung der Gebäudehülle, Wärmedämmung, automatisierte Steuerung der Licht- und Torsysteme sowie die Erzeugung von Solarstrom über Photovoltaik und die Nutzung von Erdwärme. Auch der Bezug von Ökostrom aus Wasserkraft, eine Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und die Förderung von Job-Bikes kommen dem Standort zugute. Darüber hinaus setzen wir konsequent auf Energiemanagement. Wie erwartet machen die ,Scope-3'-Emissionen den Löwenanteil aus. Wir hatten mit 90 Prozent gerechnet und sind von den 99,5 Prozent selbst überrascht. Das spricht einerseits für unsere hohe Effizienz, verdeutlicht aber auch die To-Dos in der Supply Chain. Hier entfallen 88 Prozent auf Produktions- und Verbrauchsmaterialien, also auf Komponenten, die wir zukaufen.“

Janitza von Climate Partner als zertifiziertes Unternehmen ausgezeichnet

Die Ergebnisse der Bilanzierung wurden in einem Abschlussbericht zusammengefasst, aus dem sich konkrete Maßnahmen ableiten lassen. Aufbauend auf der Transparenzschaffung durch die Bilanzierung der CO2 Emissionen hat sich Janitza als „Climate Partner zertifiziertes Unternehmen“ aufgestellt. Hier wird, um dem Vorwurf des Greenwashing vorzubeugen, nach dem GHG Regelwerk bilanziert und die Einhaltung festgelegter, überprüfbarer Kriterien zugesagt. Dazu gehören fünf konkrete Schritte auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2030:

1. Jährliche CO2-Bilanzierung zur Ermittlung des Corporate Carbon Footprint.
2. Festlegung konkreter Ziele
3. Ableitung und Umsetzung von Reduktionsmaßnahmen
4. Kompensation der Emissionen
5. Transparente Kommunikation

„Mit der jährlichen CO2-Bilanz werden wir überprüfen, wie sich die Emissionen ab dem Basisjahr 2022 entwickeln. Sie dient auch der Überprüfung der getroffenen Maßnahmen. Darüber hinaus werden neue Ziele gesetzt und Aktivitäten zu deren Erreichung festgelegt, um die jährlichen CO2-Emissionen, die im Jahr 2022 den Emissionen von 4.100 Bundesbürgern entsprachen, kontinuierlich aus eigener Kraft zu reduzieren“, so Steiß. Die verbleibenden CO2-Einträge werden nach Gold Standard und gemäß den Kriterien von Climate Partner kompensiert. Zum Beispiel mit verschiedenen Klimaschutzprojekten wie der Förderung erneuerbarer Energien oder der Erhaltung von Ökosystemen wie Aufforstungsprojekten. Hinzu kommen soziale Projekte wie die Bereitstellung von Trinkwasser in Dürreregionen. Janitza legt dabei Wert auf nachhaltig wirksame und zertifizierte Projekte, die nachweislich eine definierte Menge an Emissionen einsparen oder die Lebensbedingungen von Menschen nachhaltig verbessern. Zudem wird über die Website von Climate Partner öffentlich über den aktuellen Stand informiert, analog zum Energiemanagement nach einem festgelegten Regelwerk.

2023 konnten 426 Tonnen CO2 von Janitza eingespart werden2023 konnten 426 Tonnen CO2 von Janitza eingespart werden, Bild: Janitza

Logistik als Ansatzpunkt zur Senkung von CO2-Ausstoß

Im Rahmen der Datenanalyse kristallisierte sich die eingekauften Produktions- und Verbrauchsmaterialien sowie die Logistik als größte Verursacher von CO2 im „Scope 3“ heraus. Die Logistik bietet hier einen möglichen Ansatzpunkt zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Innerhalb der Logistik gibt es deutliche Unterschiede. Der Anteil der Eingangslogistik liegt bei nur 0,4 Prozent, der Anteil der Ausgangslogistik ist mit 3,3 Prozent deutlich höher. Man könnte vermuten, dass viel mehr Komponenten eingekauft und zu einem Gerät zusammengebaut werden und somit der Input stärker ins Gewicht fallen müsste. Tatsächlich kauft Janitza aber sehr regional ein, so dass die LKW-Transporte über kurze bis mittlere Distanzen eine eher geringe Emissionsmenge verursachen. Die fertigen Produkte von Janitza werden überwiegend per Luftfracht an die Kunden in aller Welt verschickt. Der Unterschied der Emissionen zeigt sich schon in den unterschiedlichen Emissionsfaktoren für den Transport. Ein Kilogramm Luftfracht verursacht 1,43 Kilogramm CO2 pro zurückgelegtem Kilometer. Bei Seefracht sind es nur 7,6 Gramm. Für Patrick Steiß schlummern hier ungenutzte Potenziale, um den ökologischen Fußabdruck weiter zu reduzieren - nicht nur für Janitza, sondern auch für deren Kunden. „Dann wären unsere Produkte zwar länger unterwegs. Aber für mehr Klimaschutz muss man das Thema ganzheitlich betrachten. Deshalb arbeiten wir an neuen Konzepten, auch für die Logistik. Derzeit bekommen wir viel positives Feedback, vor allem von unseren europäischen Kunden, das Thema scheint also interessant zu sein. Das zeigt die Relevanz und ist aus unserer Sicht eine sehr gute Ausgangssituation, um auch in Richtung geringerer CO2-Emissionen umzusteuern“.

Weitere Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs

Die Erkenntnisse aus der CO2-Bilanzierung nutzt der Hersteller, um nicht nur das große Ganze zu betrachten. So wurde beispielsweise der diesjährige Janitza Energy Day als Veranstaltung mit allen Aspekten erfasst und ebenfalls von Climate Partner zertifiziert. Der Hersteller plant weitere Maßnahmen, die in Summe dazu beitragen sollen, die Auswirkungen auf das Klima zu reduzieren. Erste Ideen im „Scope 1 und 2“ sind die Elektrifizierung des Fuhrparks und der Wärmepumpen, die Erhöhung der Eigenstromversorgung durch Photovoltaik und Geothermie, die Nutzung von Abwärme sowie eine weitere Senkung des Energieverbrauchs durch Monitoring und einen höheren Automatisierungsgrad. Dazu gehört auch die Umstellung von Gas auf Grün-Strom, um 100 Prozent erneuerbare Energie zu nutzen. Im „Scope 3“ soll im Bereich der Dienstreisen auf digitale Meetings umgestellt und damit die Anzahl der Geschäftsreisen sinnvoll reduziert werden. Elektrofahrzeuge werden gefördert. Die Ladeinfrastruktur wird sowohl in der Zentrale als auch bei den Außendienstmitarbeitern zu Hause ausgebaut. Dienstfahrräder werden angeboten.
Fazit: Transformationspfad ist die größtmögliche Reduktion von CO2-Emissionen

Patrick Steiß resümiert abschließend: „Wir haben es geschafft, innerhalb von fünf Monaten nicht nur die Bilanz aufzustellen, sondern das gesamte Unternehmen auf Klimaneutralität umzustellen. Das wollen wir ab sofort für immer tun und unser konkretes und übergeordnetes Ziel ist es, bis 2030 die CO2-Emissionen bis an die Grenze des Machbaren zu reduzieren, so dass der Kompensationsanteil nur noch einen Bruchteil von heute ausmacht. Das ist unser Transformationspfad. Das Interesse von Kunden und anderen Unternehmen an unserer Klimabilanz, der Vorgehensweise und den daraus gewonnenen Erkenntnissen ist enorm. Auch unsere Mitarbeiter kommen immer wieder mit neuen Ideen, wie wir noch klimafreundlicher handeln können. Es hat mich sehr gefreut, dass unser Projekt auf so viel positive Resonanz gestoßen ist. Wir haben also alles richtig gemacht, als wir uns mit dem Thema beschäftigt haben!“