Energiemanagement für eine Safari-Lodge
Nicht überall auf der Welt kommt der Strom „aus der Steckdose“, sprich aus dem Netz. Das betrifft nicht nur Siedlungen im Nirgendwo oder Rohstoffgewinnung fernab der Zivilisation. Auch abgelegene Urlaubsresorts benötigen Strom. Den lieferten bislang Dieselgeneratoren – laut, umweltbelastend und immer kostspieliger. Doch es gibt hybride Lösungen, die mit Erneuerbaren Energien den Dieselverbrauch drastisch reduzieren oder sogar ganz ersetzen. Energiemanagement und die richtige Messtechnik machen es möglich.
Luxusresort beschreibt die Cheetah Plains Lodge in Südafrika nur unvollständig. Wer hier eine Safari bucht, nächtigt in Villen mit eigener Weingalerie, kuratierter Kunstsammlung und natürlich einem Privatkoch. Ins Gelände geht es unter sachkundiger Führung mit elektrisch betriebenen Land Cruisern; eine ruhige und emissionsfreie Fortbewegungsart, die Big Five-Sichtungen schon beinahe garantiert.
Die Hausleitung und die anspruchsvollen Gäste legen aber nicht nur Wert auf ein einzigartiges Safari-Erlebnis. Auch Umweltmanagement und Nachhaltigkeit sind Pflicht. Dazu gehören Grauwasserrecycling und die Verwendung von Bauelementen wie Energiesparglas, das die Wärmeübertragung durch die Fenster reduziert.
Ein Problem galt es noch zu lösen: eine nachhaltige und sichere Stromversorgung. Zwar gab es sogar einen einphasigen Anschluss des örtlichen Energieversorgers, die Leistung war allerdings begrenzt und die Spannungsschwankungen beträchtlich. Dem steigenden Energiebedarf von Kühlanlagen und Ladestationen für die E-Fahrzeuge war diese Art der Versorgung nicht gewachsen. Deshalb beauftragten die Betreiber den südafrikanischen Solarexperten Blockpower und den deutschen Microgrid-Integrator Dhybrid ein dreiphasiges Energiesystem mit einer PV-Anlage und einem inselnetzbildenden Energiespeichersystem auf Basis von Lithium-Ionen-Batterien zu installieren. Ein Dieselaggregat sollte nur im Notfall mögliche Versorgungslücken decken.
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Die Inselmanager: Spezialisten für hybride Netze
Früher übernahmen die Stromversorgung in Inselnetzen, so genannten Microgrids, fast ausnahmslos robuste und einfach zu wartende Dieselgeneratoren. Den Einsatzbedingungen in modernen Anlagen genügen sie aber nicht mehr. Dies liegt einerseits an der Umweltbelastung und den steigenden Kraftstoffkosten, andererseits an den Anforderungen an die Spannungsqualität, und das nicht nur in Luxus-Resorts. Auch in den Personal-Unterkünften von entlegenen Produktionsstandorten haben LED-Panels die energiefressenden Glühlampen ersetzt. Und natürlich gibt es Flatscreens, Notebooks, Smartphones und Maschinen mit Embedded-PCs als Steuerung. Hier sind immer häufiger PV-Anlagen mit Batteriespeichern und eventuell einem Diesel als Backup gefragt. Auf solche hybride Smart-Grid-Lösungen hat sich die Dhybrid Power Systems GmbH aus Gauting spezialisiert. Zum Angebotsspektrum gehört das kundenspezifische Energiemanagementsystem (EMS) – die Dhybrid Universal Power Platform (Dhybrid UPP), die herstellerunabhängig unterschiedlichste Technologien, wie Batteriespeicher, PV-Anlagen, Windkraftwerke miteinander kombinieren kann. Des Weiteren bietet Dhybrid schlüsselfertige Batterie-Energiespeichersysteme (Bess) an. Für die Überwachung und Optimierung der Netzversorgungsqualität nutzt Dhybrid die Energiemesstechnik und aktive Leistungsfilter der Janitza electronics GmbH. Insbesondere in Inselnetzen mit hoher Netzimpedanz ist die Überwachung der Netzqualität essentiell.
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Bild 1: Auf den Carports und den Unterkünften der Angestellten sind 260 kWp Dachanlagen installiert.
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Bild 2: Zweiachsig nachgeführte Tracker liefern 40 kWp Solarstrom. -
Diesel nur noch im Notfall
Mit der neuen Anlage deckt die Safari-Lodge ihren Energiebedarf überwiegend aus der PV-Anlage mit insgesamt 300 kWp. Auf den Carports und den Unterkünften der Angestellten sind 260 kWp Dachanlagen installiert (Bild 1). Dazu kommen 40 kWp von drei zweiachsig nachgeführten Trackern (Bild 2). Sie speisen den Lithium-Ionen-Speicher mit einer Kapazität von 1.027 kWh (Bild 3), der wiederum den netzbildenden, bidirektionalen Batteriewechselrichter versorgt. Mit einer Spitzenleistung von 250 kW bei stabiler Ausgangsspannung und -frequenz bietet er genügend Reserven für eine 3-phasige Stromversorgung. Auch größere Verbraucher wie Kühlanlagen, Motoren oder die Ladestationen für die Land Cruiser lassen sich damit zuverlässig betreiben. Wechselrichter und Batterien sind in einem 20 Fuß Energiecontainer untergebracht. Dieser wurde mit einer Klimatisierung und einer Löschgas-Anlage versehen und komplett verkabelt geliefert.
Zur Notstromversorgung dient ein 150-kVA-Dieselgenerator. Das Aggregat wurde von einem Stand-by-Generator zu einem fernsteuerbaren Generator aufgerüstet, der für den Parallelbetrieb geeignet ist. Er geht jedoch nur in Ausnahmefällen in Betrieb. Die Anlage läuft zu nahezu 100% mit erneuerbarer Energie. Zusätzlich ist auch die einphasige Leitung des regionalen Energieversorgers aufschaltbar.
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Reichlich Energie – aber immer an der richtigen Stelle?
Energiequellen stehen auf der Lodge reichlich zur Auswahl: Sonne, das örtliche Netz, die Batterie, Diesel als Puffer … Es besteht kein Risiko, dass die Gäste plötzlich im Dunkeln sitzen oder die Land Cruiser nicht fahren – vorausgesetzt die Energieströme fließen in die richtigen Bahnen. Dafür sorgt UPP, kurz für Universal Power Platform. Dieses Energiemanagementsystem wurde von Dhybrid eigens für die Steuerung von Smart-Grids entwickelt. Die intelligente Steuerungsplattform bietet volle Transparenz und Kontrolle über das Energiesystem. Sie überwacht alle Netzparameter sowie die Wirk- und Blindleistungssollwerte der Stromerzeuger. Dies ermöglicht einen automatisierten Betrieb der Anlage.
Anders als bei vielen herkömmlichen Microgrids, bei denen entweder der Diesel oder die PV-Anlage laufen, kann die Dhybrid UPP verschiedene Erzeuger gleichzeitig und aufeinander abgestimmt steuern. Dadurch muss der Dieselgenerator nur in Zeiten mit außergewöhnlich hohem Energieverbrauch oder in Schlechtwetterperioden eingeschaltet werden. Auf einen weiteren Vorteil weist Tom Fricke hin, der bei Dhybrid den Bereich Energiespeicher und Vertrieb leitet: „Unser System ist technologieoffen, das heißt wir können die unterschiedlichsten Hersteller einbinden. Da wir Zugriff auf alle Komponenten haben, können wir sehr vorausschauend agieren. Das betrifft zum Beispiel die Lebensdauer von Batterien. Unterschiedliche Betriebszustände lassen sie schneller oder langsamer altern. Da wir wissen, wie sich die Last oder PV-Erzeugung über den Tag entwickelt, können wir die Betriebsstrategie so optimieren, dass die Batterie länger hält.“
Die Echtzeit-Überwachung und Fernwartung des Netzes erfolgt per VPN über ein SCADA-System von Dhybrid. Darüber hinaus bietet die UPP Zugang zu historischen Daten, Berichten und Dashboards über ein Web-Portal.
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Bild 3: Mit einer Kapazität von 1.027 kWh überbrücken die Lithium-Ionen-Speicher die Nächte und sonnenarme Tage.
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Bild 4: Netzanalysatoren wie das UMG 509-PRO von Janitza – hier ein Produktbild – überwachen die Energieversorgung der Lodge. -
Messen und kompensieren für höchste Ansprüche
Für das aufwändige Energiemanagement-System sind präzise Messungen erforderlich. Diese liefern die Geräte des Messtechnikspezialisten Janitza. Tom Fricke erklärt, warum: „Janitza, das ist qualitativ hochwertige Messtechnik aus Deutschland, die wir praktisch seit unserer Gründung in den unterschiedlichsten Projekten eingesetzt haben. Das Portfolio umfasst sehr wirtschaftliche Geräte bis hin zur A-Klasse. Damit haben wir für jede Anforderung eine Lösung. Außerdem reagiert der Service immer sehr schnell.“
In den ersten Projekten wurden Standardgeräte, wie das UMG 96RM-EL verbaut. Bei Anlagen mit besonders hoher Energieeffizienz reichen diese unter Umständen nicht mehr aus, denn dort sind überwiegend nicht-ohmsche Verbraucher im Einsatz. Da die Inselnetze naturgemäß eine vergleichsweise hohe Impedanz haben, wirken sich Oberschwingungen und vergleichbare Phänomene sehr viel stärker aus als in großen, öffentlichen Netzen. Hier ist besonders hochwertige Messtechnik gefragt. Dhybrid setzt hierfür multifunktionale Netzanalysatoren vom Typ UMG 509 und UMG 512 ein (Bild 4). „Wir konnten damit Oberschwingungen detektieren, aber auch Unsymmetrien auf der Lastseite, die zu Spannungsabweichungen führen können“, so Tom Fricke. In ungünstigen Fällen kann dies zu Problemen führen, etwa wenn abends die Fahrzeuge geladen werden, LED-Panels in Betrieb gehen und zugleich die Gäste auf ihren eigenen Kameras und Tablets störungsfrei die tagsüber gewonnenen Bilder betrachten wollen. Ein hoher Oberschwingungsanteil kann die Lebensdauer dieser elektronischen Verbraucher erheblich verkürzen. Um jegliche Störungen von vornherein auszuschließen, ergänzte Tom Fricke die Energieversorgung der Lodge mit einem Aktivfilter von Janitza: „Mit dem Aktivfilter können wir die Spannungsqualität noch einmal verbessern und zugleich Lastunsymmetrien ausgleichen“, erläutert er. Zusätzlicher Wartungsaufwand entsteht dabei nicht. Wenn der Aktivfilter einmal parametriert ist, läuft das System automatisch.
Weit mehr als Messwerte: Janitza schafft Durchblick im Datendschungel
Für die Crew vor Ort ist es unabdingbar, dass sie sich jederzeit schnell einen Überblick über die wesentlichen Funktionen und den Betriebszustand der Anlage verschaffen kann. Die Spezialisten von Dhybrid dagegen benötigen für die Fernwartung detailliertere Informationen. Mit den Messgeräten von Janitza geht beides. Alexander Wagenhuber von Janitza erklärt: „Im Gegensatz zu vielen anderen Geräten auf dem Markt bieten wir vier Ports, teilweise schon mehr. Das vereinfacht die Kommunikation mit mehreren Systemen. So können die SCADA von Dhybrid und unsere Software GridVis sogar gleichzeitig auf ein Messgerät zugreifen.“ Tom Fricke ergänzt: „Gerade zur Inbetriebnahme ist die GridVis ein gutes Tool. Man sieht rasch, ob die Messwerte passen und kann mitloggen. Die größeren Geräte bieten sogar eine eigene Webpage, mit der wir ergänzend zum Event-Logging Power Quality Reports generieren.“ In der Konsequenz heißt dies, dass durch die Hard- und Software von Janitza zwei voneinander unabhängige Mess-Systeme etabliert werden konnten. Die Techniker vor Ort erhalten alle nötigen Informationen für Betrieb und Service. Ergänzend können sich die Spezialisten in der Gautinger Zentrale per Fernwartung aufschalten und bei kniffligen Arbeiten anleiten. Die Kombination aus den UMG-Messgeräten von Janitza und der passenden Software GridVis ermöglicht hierfür eine wesentlich höhere Datenübertragungsrate als ein SCADA-System.
Die Gesamtlösung bietet den Cheetah Plains eine ganze Reihe von Vorteilen, wie die Einbindung von 3-phasigen Verbrauchern, eine erhöhte Spitzenstromversorgung sowie eine stabile Systemspannung und -frequenz. Die Netzunabhängigkeit geht dabei nicht auf Kosten der Natur. Gäste und Betreiber können sich darüber freuen, dass die Stromversorgung für ihren Komfort und ihre Mobilität direkt vor Ort aus Sonnenenergie gewonnen wird.